Barrierefreiheit testen - wie geht's?
Digitale Angebote öffentlicher Stellen erfordern gemäß EU-Richtlinie 2016/2012 einen barrierefreien Zugang. Für kommerzielle Websites, insbesondere Online-Shops, sollen entsprechende Regelungen in absehbarer Zeit folgen. Zudem müssen öffentliche Stellen jährlich eine Erklärung zur Barrierefreiheit veröffentlichen. Vor dieser Erklärung sollte aber immer ein Test der Barrierefreiheit stehen. Um die Barrierefreiheit einer Website zu überprüfen, gibt es verschiedene Möglichkeiten: von selbst durchgeführten manuellen Tests über automatisierte Tests mithilfe spezieller Tools bis zur Beauftragung von Experten. Im Detail:
Manueller Test
Ein manueller Test auf Barrierefreiheit kann innerhalb von wenigen Minuten einfache Fehler zum Vorschein bringen. So können Sie etwa Ihre Website öffnen und überprüfen, ob sich diese ohne Maus bedienen lässt.
Automatisierter Test
Kostenfreie Tools und Erweiterungen für den Browser sind hilfreich, um das barrierefreie Webdesign automatisiert zu überprüfen. So kann beispielsweise der W3C Markup Validation Service bei der Kontrolle von CSS-, HTML- und XHTML-Dateien nützlich sein. Dateien werden per URL, per Upload oder direkt im Validator eingegeben. Anhand der Fehlermeldungen lassen sich Probleme lokalisieren.
Expertentest gemäß BITV oder WCAG
Wer bei der Erstellung barrierefreier Webinhalte oder PDFs absolute Gewissheit haben möchte, sollte auf einen Test durch externe, unabhängige Experten zurückgreifen. Die Expertentests orientieren sich an klar definierten Kriterien und Prüfschritten der »Web Content Accessibility Guidelines 2.1« (WCAG) und / oder der »Barrierefreien-Informationstechnik-Verordnung« (BITV).
Der BITV-Test umfasst in der neuesten Fassung von 2021 92 Prüfschritte und schließt die Kriterien der WCAG mit ein. Beim Test wird nicht der gesamte Webauftritt überprüft, sondern eine repräsentative Auswahl von drei bis sechs Seiten. Die Auswahl trifft dabei der Prüfer. Damit eine Website als BITV-konform gilt, müssen alle Prüfschritte vollumfänglich erfüllt sein. Zu diesen Prüfschritten gehören unter anderem die einheitliche Navigation, die Anzeige der aktuellen Position im Webauftritt oder auch die Nutzbarkeit der Seite ohne Maus oder bei Zoom auf 200%.
BITV-Tests können entwicklungsbegleitend oder abschließend durchgeführt werden.
Entwicklungsbegleitender BITV-Test
Anders als die Bezeichnung vermuten lässt, kann ein entwicklungsbegleitender BITV-Test auch bei bereits bestehenden Projekten zum Einsatz kommen. Hier dient er zur Bestandsaufnahme und es lässt sich herausfinden, ob bezüglich der Barrierefreiheit Handlungsbedarf besteht.
Bei neuen, sich noch in der Umsetzungsphase befindenden Projekten sind projektbegleitende Tests von großem Vorteil: Fehlerquellen und Stolpersteine können durch Prüfung der Zwischenstände direkt erkannt und behoben werden. Daher sind sie auch als Vorbereitung auf einen abschließenden Test hilfreich.
Die Ergebnisse des entwicklungsbegleitenden Tests dürfen jedoch nicht veröffentlicht werden und können nicht als Grundlage zur Erklärung der Barrierefreiheit herangezogen werden. Trotzdem lohnt sich der Aufwand insbesondere bei sehr großen und komplexen Projekten mit hohen Anforderungen an die Barrierefreiheit.
Abschließender BITV-Test
Kriterien und Prüfverfahren von entwicklungsbegleitenden und abschließenden Tests unterscheiden sich nicht. Bei einem abschließenden Test gibt es jedoch zwei grundlegende Unterschiede:
Zum einen führen zwei voneinander unabhängige Prüfer parallel die Prüfschritte durch. Eine dritte Person stimmt die Ergebnisse untereinander ab, erstellt ein Prüfprotokoll und gibt es anschließend frei.
Zum anderen darf der Prüfbericht (unabhängig vom Ergebnis) veröffentlicht und verlinkt werden. Wenn Sie als öffentliche Stelle zur jährlichen Erklärung der Barrierefreiheit verpflichtet sind, empfiehlt sich ein abschließender BITV-Test in jedem Fall, da sie ihn für die Erklärung verwenden können.